Zombies, Luftschiffe und wahnsinnige Wissenschaftler!
Zwei Generationen nachdem eine Seuche über die Menschheit herein gebrochen ist, welche die Infizierten in zombieähnliche Kreaturen verwandelt hat, haben sich die wenigen Überlebenden auf Zeppelinen oder schwebenden Plattformen in die Lüfte geflüchtet, wo die hochgradig ansteckenden Ferals sie nicht erreichen können. Ben Gold ist Kapitän des Luftschiffes Cherub und aktuell beauftragt Wissenschaftlern bei ihren Feldforschungen Rückendeckung zu geben. Wenig begeistert von dieser riskanten Aufgabe hätte Ben nicht geglaubt, dass ihm dieser Tage noch etwas die Laune vermiesen könnte. Bis die Siedlung der Wissenschaftler von Plünderern überfallen und die Cherub gestohlen wird. Plötzlich sitzt Ben auf dem Boden fest …
It's when I hit the ground that my skin starts to itch, as if I can catch the Bug from the very earth itself. I know I can't, but I itch anyway, and the sweat starts trickling, which doesn't help. But there's no time to focus on any of that now because I'm on the ground and there's nothing safe about that.
Autor Rajan Khanna hat in seinem Debütwerk Falling Sky ein paar unterhaltsame Elemente miteinander verbunden: Zeppeline, Zombies, ein Revolver schwingender Held und verrückte Wissenschaftler sorgen in diesem Roman für eine Art post-apokalyptischen Wildwestroman. Es ist ein wenig wie Mad Max nur mit Luftschiffen. Man muss allerdings erwähnen, dass der Begriff »Zombie« in Ermangelung einer korrekten Alternative benutzt wird. Khannas Ferals sind keine lebenden Toten, sondern verwilderte Menschen die durch den Virus ihre Menschlichkeit verlieren. Wer infiziert wird stirbt nicht, sondern »verblasst«, bis nur noch ein wildes, auf seine Instinkte reduziertes Tier übrig ist das nichts weiter kennt, als das Schlafen, Fressen und Reproduzieren. Ja, diese Kreaturen sind sterblich und zur Reproduktion fähig. Falling Sky ist also nur bedingt als Zombie-Apokalypse zu betrachten, auch weil die Kreaturen nur eine Nebenrolle in dem Buch ausfüllen. Es geht vielmehr um die Furcht einer Infektion und das Wissen, dass ein einziger Tropfen Blut oder Spucke ausreicht, nur ein kurzer Kontakt mit Körperflüssigkeiten jedweder Art, um sich zu infizieren und in Folge dessen zu vergessen wer und was man ist. Bens Gesellschaft zeigt dementsprechend keine nackte Haut. Es gibt nur sehr wenig Kontakt, ganz zu schweigen von Sex, der auch noch zu Nachkommen führen könnte. Und wer will seine Kinder schon in eine Welt setzen, die von gefräßigen Monstern besiedelt wird. Der Autor beschreibt recht glaubhaft, wie die Furcht vor der Infektion das Leben der Menschen körperlich und emotional beeinflusst hat und wie das Vernünftige den Vorrang vor dem Mitgefühl hat.
Was Falling Sky neben dieser einigermaßen bekannten Prämisse zu etwas besonderem Macht ist der ungewöhnliche Weltenbau. Wenn wir an Luftschiffe, Zeppeline und mechanisch konstruierte, schwebende Plattformen denken, dann denken wir natürlich an den nostalgisch geprägten Steampunk. In Falling Sky bewegen wir uns aber nicht in die entsprechend passende Epoche zurück, sondern in die Zukunft, wo man sich zwangsweise wieder auf alte technologische Errungenschaften besonnen hat, um dem gefährlichen Erdboden fern bleiben zu können. Wer sich gerne durch die Lüfte bewegt, dem wird diese Idee Spaß bereiten und derjenige wird sich lebhaft vorstellen können, wie die Schiffe auf den Dächern verrottender Wolkenkratzer andocken.
Neben der alltäglichen Bedrohung durch die Ferals, gesellt sich noch ein weiterer Feind dazu, der jede größere Gemeinschaftsbildung auf grausame Weise überfällt und ausraubt, um sich deren Ressourcen zu eigen zu machen. Anhand nur weniger Beispiele wird schnell deutlich, dass nicht nur die Ferals ihre Menschlichkeit verloren haben und es nicht immer einen Virus braucht, um sie zu verlieren.
Ben der tragende Charakter dieses Romans, ist dabei durchaus sympathisch in seiner manchmal egoistisch wirkenden Art. Als Leser lernt man durch seine Augen wie die Welt funktioniert und weshalb man hier hauptsächlich an sich selbst denkt. Nach und nach erfährt man außerdem mehr über die Dinge, die Ben in der Vergangenheit erlebt hat und welche Wünsche er sich selbst zu denken verweigert. Der Verlust seines Luftschiffes bedeutet für ihn auch nicht nur, dass er nun mit den Ferals auf dem Boden festsitzt, sondern den Verlust der einzigen Heimat, die er je hatte. Irgendwie charmant finde ich ist auch die Tatsache, dass der Held auszieht um sein Schiff zu retten, statt, wie so oft, eine »Jungfrau in Nöten«. Das Buch ist sehr stark auf ihn fokussiert, weshalb es neben Ben auch keine weiteren Charaktere gibt, die man näher kennenlernen würde. Die Wissenschaftlerin Miranda nimmt da noch den größten Raum ein, viel privates erfährt man über sie aber nicht. Bei ihr dreht sich alles um ihre Forschungsziele. Leider werden die nicht näher ausgearbeitet und sind eher ein nebensächlicher Teil der Handlung. Daher kommt ihre Funktion als Wissenschaftlerin nicht so richtig überzeugend rüber, auch wenn sie ab und an eine Spritze zückt und von irgendwelchen Tests berichtet.
Zum Ende hin stellt man rasch fest, dass noch unheimlich viele Dinge in Bewegung, aber kaum noch Seiten übrig sind. Die Rechnung, dass sich alle Fragen bis zur letzten Seite noch klären lassen, geht entsprechend auch nicht auf. Das Finale schließt die Haupthandlung durchaus ab, ich konnte mich aber des Gefühls nicht erwehren, dass der Autor hier entweder gerne noch deutlich mehr geschrieben hätte oder auf eine Fortsetzung hofft. Es bleiben also hier und da Lücken, die sich im Laufe des Buches angesammelt haben.
Fazit:
Falling Sky ist eine interessante Abwechslung zu den üblichen post-apokalyptischen Zombie-Szenarien und bietet ein abenteuerliches und unterhaltsames Gesamtbild. Trotz ein paar kleinerer Anfängermängel macht das Buch einfach Spaß und sollte es tatsächlich zu einer Fortsetzung kommen, bin ich auf jeden Fall mit dabei.