Full Fathom Five

Full Fathom Five - Max Gladstone

Kavekana ist eine Insel ohne eigene Götter, wo Investoren von Außerhalb ein Idol erwerben und dort ihren Seelenstoff lagern können. Als die Priesterin Kai in das heilige Becken springt um Seven Alpha, ein von ihrer Kollegin kreiertes Idol, zu retten, wird sie mit ungeahnten Konsequenzen konfrontiert. Gleichzeitig stirbt auch die Göttin des Straßenmädchens Izza und der Poet Maggott verliert seine Muse. Handelt es sich dabei um Zufälle oder hängen die Ereignisse vielleicht zusammen?

She was a wire-frame sculpture of light, flailing in the depths like a fish caught on a line: female in figure, almost human. Wings flared. Goat legs bent against themselves. The suggestion of a mouth gaped in a not-quite-face. Her heart had faded, and the fade was spreading.

Full Fathom Five ist der dritte Teil aus dem Zyklus Craft Sequence von Autor Max Gladstone. Wie auch schon die beiden bisherigen Teile Three Parts Dead und Two Serpents Rise steht der Roman für sich alleine und kann ohne Kenntnis der Vorgänger gelesen werden.

Max Gladstone widmet sich bisher in jedem seiner Romane einer anderen Kultur und Region auf der Weltkarte. Die Insel Kavekana in Full Fathom Five ist Hawaii nachempfunden und stellt einen neutralen Ort dar, der sich selbst verwaltet und weder unter dem Einfluss von Göttern noch von Skelettkönigen steht. Neben dem eindeutig tropischen Flair und einem ruhenden Vulkan als Zentrum der Insel, sorgen vor allem die ”Penitents“ - die Büßerstatuen - für ein beeindruckendes und gleichzeitig erschreckendes Bild. Bevor Kavekanas Götter in den Krieg gezogen sind, haben sie diese steinernen Statuen zum Schutz der Insel geschaffen. Sie dienen als polizeiliche Patrouille und gleichzeitig als Bestrafung für allerlei Straftaten. Das Besondere an ihnen ist, dass in jeder Statue ein straffällig gewordener Mensch steckt um zu büßen und reformiert zu werden. Die weiteren Details darüber sollte man lieber durch lesen des Buches entdecken, denn die sind einfach so cool, dass ich niemandem die Freude sie selbst zu entdecken nehmen möchte.

Full Fathom Five folgt wechselweise den beiden Hauptfiguren Kai und Izza, stellt aber auch einige Nebencharaktere auf, deren Bedeutsamkeit für die Handlung erst spät gelüftet wird. Kai ist eine Priesterin auf Kavekana. Die Priesterschaft verwaltet die Insel von der Spitze des Vulkans aus, während sie auf die Rückkehr der Götter warten. Zu den Aufgaben von Kai und ihren Kollegen gehört es Idole für Kunden zu erschaffen, die anstelle von Göttern und im Auftrag der Kunden von ihr angebetet werden. Anders als echte Götter besitzen die Idole kein Bewusstsein und keine Fähigkeiten, sie sind eher wie Bankkonten zu betrachten. Doch genau daran bekommt Kai plötzlich Zweifel, was neben ihrer impulsiven Art dazu führt, dass sie ihren Job verliert und degradiert wird.

Kai ist ein recht vielschichtiger Charakter mit einer interessanten Vergangenheit, denn sie wurde eigentlich als Mann geboren und hat sich währenend einer Zeremonie im heiligen Becken als Frau erneuern lassen. Der Autor hat auch schon in den früheren Büchern seine Liebe zur Gleichberechtigung der Geschlechter und sexuellen Orientierung bewiesen, diesmal findet mit Kai also das Thema Transgender seinen Platz im Roman. Wie vom Autor gewohnt, behandelt er das Thema mit erfrischender Normalität als Teil seiner Welt. So führt Kai ein ganz normales Leben als Frau, die sich kürzlich von ihrem Partner getrennt hat (der selbst interessante Geschichten zu bieten hat). Sie ist ein wenig zu risikofreudig und glaubt oft alles im Alleingang machen zu müssen, was ihr in vielerlei Hinsicht das Leben erschwert.

Straßenmädchen Izza ist aus ihrer alten Heimat geflohen und schlägt sich auf Kavekana als Diebin durch. Nachdem ihre Göttin verstorben ist, glaubt sie die Zeit sei gekommen um die Insel zu verlassen. Auch kommt sie langsam in das Alter wo sie sich fürchten muss in einer Büßerstatue zu enden, sollte man sie beim Stehlen erwischen. Dieses Schicksal fürchtet sie beinahe mehr als den Tod. Während Kai auf der Sonnenseite des Insellebens steht, befindet sich Izza am unteren Ende der Nahrungskette und sie ist es daher, die den Lesern die Intensität der Büßerstatuen verdeutlicht. Izza wäre gerne eine Einzelgängerin, doch sie schafft es nicht so recht ihr Herz zu ignorieren und riskiert ihr eigenes Leben, um das der jüngeren Straßenkinder zu schützen. Selbst als sie eine völlig Fremde trifft die gerade von zwei Statuen bedrängt wird, kann sie nicht anders, als der Frau zu helfen und sich damit selbst in Gefahr zu bringen. Am Ende hilft sie sogar einem Poeten mit Schreibblockade.

Neben diesen beiden und anderen Figuren treffen wir am Rande auch auf alte Bekannte aus den vorherigen Büchern wieder. Teo aus Dresediel Lex interessiert sich hier z.B. für ein Idol, Cat aus Alt Coloumb möchte eine Entziehungskur von ihrer Göttin machen und Ms. Kevarian ist auf der Insel um den Verlust des Idols zu untersuchen. Wie eingangs schon gesagt muss man die Vorgängerbände aber nicht kennen, es ist aber ein nettes Gimmick für diejenigen, die die Bücher in chronologischer Reihenfolge gelesen haben.

Es gibt Geheimnisse, verbotene Entdeckungen, Mord, Intrigen, humorvolle Szenen, ernsthafte Gedanken und viele tolle Ideen. Eigentlich ist Full Fathom Five also wieder ein Buch das man lesen muss. Für mich hat sich die Handlung lediglich zu stark durch wirtschaftliche Details in die Länge gezogen und man weiß ewig nicht worauf die ganze Sache eigentlich hinaus will. Im Grunde wäre das wahrscheinlich nicht so tragisch, wenn ich ein größerer Fan von Intrigen und Komplotten zwischen Konzernen und Investoren wäre. Es gibt aber immerhin einen temporeichen Endteil, der nicht nur die ersehnten Antworten liefert sondern zudem faszinierende Einblicke in die volle Bedeutung der Büßerstatuen erlaubt.

Quelle: http://moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/f/full-fathom-five