Rezension: 18 Months von Samantha BoyetteVor 18 Monaten ist Alissas Freundin Lana verschwunden. Ein Jahr später erst findet die Polizei die verstümmelten Überreste der Schülerin. Der Täter hat seine Spuren dabei gut verwischt und bleibt unerkannt. Inzwischen hat sich Alissas Leben so gut wie möglich normalisiert, doch dann verschwindet plötzlich auch ihre neue Freundin Hannah. Niemand glaubt Alissa, dass Hannah nicht weggelaufen ist sondern entführt wurde. Doch Hannas allabendliche Anrufe bei ihren Eltern scheinen zu beweisen, dass es der jungen Frau gut geht. Auch die geheimnisvollen Notizen, die Alissa erhält überzeugen weder Hannahs Eltern noch die Polizei davon, dass Hannah in Gefangenschaft sein könnte, vielmehr werfen sie Alissa vor im Mittelpunkt stehen zu wollen. Alissa bleibt nichts anderes übrig, als Hannah auf eigene Faust zu suchen, wenn sie ihre Freundin vor Lanas Schicksal bewahren will.

You took me to a dead girl’s place?
– Chapter Six

Bisher sind mir nur selten Jugendbücher im Mystery Thriller Bereich begegnet. 18 Months aber ist so ein Buch und es war überraschend gut. Genau genommen konnte ich es kaum aus der Hand legen. Die Charaktere waren glaubwürdig, der Fall der verschwundenen Freundinnen spannend und es gab noch so vieles andere, was ich an diesem Buch richtig gut fand.

18 Months ist nicht nur ein solider Krimi, es ist auch ein Coming-Out Roman der beide Themen zu einem glaubhaften Ganzen verschmilzt. Man erlebt die Geschichte aus Alissa Reeves’ Perspektive, wobei sich die Handlung in zwei Stränge teilt. Da ist zum Einen die Gegenwart und Hannas Verschwinden und zum Anderen die Vergangenheit und Lanas Verschwinden. Beide Handlungsstränge erzählen eine andere Phase im Leben von Alissa und ihren Freundinnen, die nebeneinander aber auch ineinander laufen. Spannend daran ist nicht nur die Frage danach, was seinerzeit Lana und nun möglicherweise auch Hannah widerfahren ist, sondern auch Alissas innerer Kampf mit der Situation. An ihrer High School ist Alissa von einer der beliebtesten Schülerinnen innerhalb kürzester Zeit zu einer Geächteten geworden, denn wegen ihrer Liebe zu Hannah hat sie sich offen ihrer Homosexualität bekannt und wird seitdem von ihren einst besten Freundinnen ausgelacht. Das ist einer der Gründe weshalb ich diesen Roman so toll finde, weil er neben der klassischen Katz’ und Maus Thematik auch mit Alissas Problemen nach dem Coming-Out arbeitet. 18 Months wirft ein Licht darauf wie sich Eltern und Freunde verhalten oder wie auch verschmähte Verliebte damit umgehen. Die ganze Situation ist für Alissa glaubhaft schwierig beschrieben, denn sie muss nun nicht nur mit den Folgen ihres frischen Coming-Outs alleine fertigwerden, gleichzeitig fürchtet sie auch um Hannas Leben, während die alten Wunden um Lanas Ermordung wieder aufbrechen. Das ist eine Menge womit es fertigzuwerden gilt, besonders wenn man ganz alleine dasteht. Es hat mich unheimlich interessiert mehr über Alissas Gedanken und die Zusammenhänge von Gegenwart und Vergangenheit zu erfahren.

Der Kriminalfall an sich ist relativ einfach gestrickt. Ich hatte schon früh einen Verdacht wer hinter dem Verschwinden der beiden High School Schülerinnen stecken könnte. Allerdings erschienen mir im Laufe der Handlung manche Figuren so offensichtlich verdächtig, dass ich ihrer Schuld misstraut habe und andere Figuren wirkten so offensichtlich unschuldig, dass sie mir schon wieder verdächtig vorkamen. Trotz meiner anfänglichen Ahnung war ich mir also bis zur Auflösung nur halb sicher, ob ich nun Recht behalten würde oder nicht und habe das Ganze entsprechend neugierig verfolgt.

Für mich war 18 Months eine richtig glückliche Entdeckung die mir unheimlich viel Spaß gemacht hat. Das passiert mir bei Jugendbüchern nicht unbedingt oft, hier war die Thematik aber so realistisch und auch ernst, dass es nicht mit der üblichen Jugendbuch-Romantasy zu vergleichen ist. Alissa macht auch nicht den Eindruck einer neunmalklugen Jugendlichen, sondern einer verzweifelten, jungen Erwachsenen, die sich um viele Dinge gleichzeitig Sorgen machen muss. Auch die Sprünge zwischen Gegenwart und Rückblende waren gut in die Handlung integriert, so dass man im richtigen Moment immer wieder neue Informationshappen bekommt und eben interessiert bei der Sache bleibt. Ausnahmsweise fand ich es auch mal logisch erklärt, weshalb Alissa ohne die Hilfe der Polizei auf die Suche geht.

Wer einen unterhaltsamen, wenn auch etwas vorhersehbaren Krimi mit überraschend tief gehenden Gedanken lesen möchte, dem kann ich 18 Months nur ans Herz legen. Es hat die richtige Mischung aus psychopathischem Wahnsinn und emotionaler Verwundbarkeit. Das Einbinden der Coming-Out Thematik verdient einen extra Punkt. Mir hat das Buch richtig viel Spaß gemacht.

Quelle: http://moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/m/18-months