Rezensiert: Greifen, Grabraub und Gelichter

Greifen, Grabraub und Gelichter - Maike Claußnitzer

Fünf Geschichten entführen in die mittelalterliche Welt von Aquae Calicis, wo Barsakhanen, Diebe und Geister auf ganz unterschiedliche Art und Weise Unruhe stiften. Manchmal allerdings ergeben sich auch Bündnisse und Freundschaften dort, wo man es nicht erwarten würde.

 

Das Leben war zwei, drei Tage lang herrlich gewesen.
– Der Mann, der die Greifen füttert

 

Schon mit Tricontium hat uns Autorin Maike Claußnitzer ihre historisch anmutende Welt Aquae Calicis entführt, die mit einer ruhigen Erzählweise, einem Schuss Fantasy und subtilem Humor zu überzeugen vermag. In der AnthologieGreifen, Grabraub und Gelichter begeben wir uns nun in die selbe Welt und treffen in drei der fünf Geschichten auf bekannte Romanfiguren. Es ist allerdings nicht zwingend nötig den Roman gelesen zu haben, die Geschichten funktionieren auch prima ohne Vorkenntnisse. Wer viel Wert auf Charakterentwicklung legt der wird natürlich mehr Freude an Herrad, Wulfila und den anderen Figuren ausTricontium haben, wenn das Buch vorher bekannt ist. Die Figuren in den beiden Geschichten »Der Mann, der die Greifen füttert« und »Der Weg ins andere Land« sind dagegen neu und hier wird der Charakter der Protagonisten auch stärker herausgearbeitet, so dass plastische Hintergründe entstehen. Seien es nun tapfere Kriegerinnen oder notgedrungene Diebe, alle Personen haben meist eine durchwachsene Vergangenheit, die die Protagonisten glaubhaft erscheinen lässt.

Wie auch im Roman treffen in der Anthologie subtiler Humor und der Ernst des Lebens aufeinander. Es herrscht insgesamt eine versöhnliche Grundstimmung und Konflikte werden zumeist diplomatisch gelöst. Hin und wieder helfen aber auch die besten Worte nichts, da ist dann doch das Schwert gefragt. In Greifen, Grabraub und Gelichter treten dabei Frauen und Männer ganz selbstverständlich gleichberechtigt auf. Ein erfreulicher Umstand der zeigt, wie ausgeglichen die Geschlechterfrage sein kann. So kann der Sohn eines Häuptlings genauso unglücklich und verzweifelt über seine bevorstehende Zwangsheirat mit einer gewalttätigen Räuberin sein, wie eine junge Frau zur schwertschwingenden Vagabundin wird, um eben jenem Schicksal zu entgehen.

Für die extra Portion Schmelzfakor sorgen die unglaublich niedlich beschriebenen Tierchen in den Geschichten. Drache Gjuki ist den Lesern von Tricontium dabei sicherlich schon längst ans Herz gewachsen, doch nun kommen noch die kauzigen kleinen Greife hinzu, die sich gerne am Eintopf der Menschen bedienen und gelegentlich selbst nur knapp der Bratpfanne entgehen. Diese Tiere werden mit wenigen Details so liebevoll beschrieben, dass man sie während des Lesens lebendig zwischen den Ästen hin und her springen oder sich im Hemd des Menschen zusammenrollen sieht.

Wer Tricontium kennt wird auch die Anthologie mögen. Für alle anderen bilden diese kurzen Geschichten einen schönen Einstieg, um die Erzählweise der Autorin kennenzulernen, vor allem dann, wenn man zwar einen Hauch Mythos und Phantastik mag, aber keine offensive Zauberei. Greifen, Grabraub und Gelichterliest sich mehr wie eine historisch denkbare Welt, in der sich eben auch ein paar Geister und Fabelwesen tummeln. Die Geschichten dürften daher auch für Leser geeignet sein, die sonst nicht viel mit Fantasy am Hut haben.

Quelle: http://moyasbuchgewimmel.de/rezensionen/titel/g/greifen-grabraub-gelichter